Busspuren: Positive Bilanz

Busspuren: Positive Bilanz

IG Motorrad - Busspuren: Positive Bilanz

Unterm Helm und in der Schutzkleidung im sommerlichen Stadtverkehr zu schwitzen, kann schnell zu Konzentrationsschwäche und schlimmstenfalls zum Hitzeschlag führen. Im Kanton Aargau dürfen seit nunmehr über zehn Jahren Motorradfahrende die meisten ausgewiesenen Busspuren mitbenutzen und so dem Stau ausweichen.


Im Jahr 2013 wies der Ständerat eine Petition der IG Motorrad zurück. Die Schweizer Interessenvertretung der Motorradfahrenden hatte gefordert, dass Roller- und Motorradfahrern generell erlaubt wird, an stehenden Kolonnen vorbeizufahren und die Busspuren mitzubenützen. Eine klare Mehrheit befürchtete, dies würde die Sicherheit auf der Strasse beeinträchtigen. Ausserdem seien für die Markierung und Organisation von Busspuren die Kantone zuständig. Der Schweizer Kanton, der am meisten Erfahrungen mit der Mitbenutzung von Busspuren gesammelt hat, ist der Aargau. Bereits 2008 startete das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) zwei Pilotversuche in der Region Baden. Zwei Jahre später zog das BVU ein überaus positives Fazit. «Mit der Öffnung des Busstreifens können gefährliche Überholmanöver in stehenden Kolonnen vermieden werden», zitiert die «Aargauer Zeitung» damals das Amt. Und weiter: «Dies erhöhe die Sicherheit und lasse den Verkehr flüssiger rollen». Selbst für die Busbetriebe habe es «keine negativen Auswirkungen» gegeben. Auch heute, mehr als zehn Jahre später, bestätigt Daniel Schwerzmann, Leiter der zuständigen Unterabteilung Verkehrsmanagement im Aargauer Tiefbauamt, die damaligen Aussagen. Im Aargau sind Busspuren, die mit einem entsprechenden Schild und einer Fahrbahnmarkierung (Motorrad) gekennzeichnet sind, für Motorräder und Taxis freigegeben. «Wenn wir neue Busspuren bauen, geben wir diese grundsätzlich frei», sagt Daniel Schwerzmann. Ausnahmen seien nur Busspuren, die eine gefährliche Einmündung haben. Am Ende der Busspur gebe es dann eine eigene Ampel, um den Verkehr wieder zusammenfliessen zu lassen.

Weniger Staus, mehr Verkehrssicherheit

Schwerzmanns Fazit: Die Massnahmen reduzieren Staus, die Verkehrssicherheit nehme zu und die Motorräder seien nicht im Weg. «Es gibt kein Sicherheitsproblem mit Motorrädern auf Busspuren», sagt der Unterabteilungsleiter. Die Busspuren seien auch nicht so dicht befahren, dass dort mehr Töff als Busse unterwegs wären. Zudem seien Motorräder bei der Staubildung in Innenstädten nicht so relevant und dürften deshalb die Vorfahrt geniessen. Die IG Motorrad setzt sich seit vielen Jahren für die Nutzung von Busspuren für Roller und Motorräder ein. Die Erfahrungen aus dem Aargau zeigen, dass es bei der Forderung nicht um Klientelpolitik geht, sondern vor allem um die Verkehrssicherheit. «Mit dem Motorrad in Schutzkleidung und Helm im Stau zu stehen, ist besonders an heissen Tagen gefährlich», argumentiert Ralf Winzer, Präsident des Vereins. Motorradfahren bedürfe wesentlich mehr Konzentration als Autofahren. Dass es sich hierbei um eine wirksame und einfach umzusetzende Massnahme handelt, belegten die positiven Erfahrungen seit 2008 im Aargau. «Unsere Forderung ist evidenzbasiert und sinnvoll», sagt Winzer. Und weiter: «Kantone, die einen ernsthaften Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten wollen, geben die Busspuren frei.»

Die Lage in der Innerschweiz

Die IG Motorrad Schweiz hat eine Stichprobe vor allem in Innerschweizer Kantonen gemacht und gefragt, ob sie sich eine Busspurmitbenutzung durch Motorrad- und Rollerfahrende vorstellen können. Während die Kantonen Nidwalden, Obwalden und Uri gar keine Busspuren besitzen, geben sich Kanton Luzern und Schwyz sehr zurückhaltend. Das Tiefbauamt Schyz erklärt, dass Busspuren den ÖV bevorzugen und damit einen Anreiz zum Umstieg vom Auto auf den Bus bieten sollen. Gleichzeitig könnten die Busspuren dem Veloverkehr als «sichere» Verkehrsfläche dienen. Wie gross der Anreiz noch ist, wenn die Busse durch langsamere Verlos aufgehalten werden, erläutert das Amt nicht.

Auch Luzern öffnet die Buspuren für Taxen und Velos. Allerdings, so betont das Tiefbauamt an der Reuss, nur in ganz wenigen Fällen und nur bei expliziter Beschilderung. Auch hier wird wenig Rücksicht auf die Interessen von Motorradfahrenden genommen.

Töff auf 40 Busspuren in Wien

Dass die Idee ein hilfreicher Beitrag zur Lösung der innerstädtischen Verkehrsproblematik ist, zeigen zwei europäische Metropolen. Die eine ist Wien. In der 2-Millionen-Stadt sind bereits seit 2016 rund 40 Busspuren für Motorräder freigegeben. Weitere werden geprüft. Auch etliche Kommunen in Grossbritannien erlauben Motorradfahrern die Nutzung der Busspur. Dazu gehört sogar die britische Hauptstadt London. Da diese allerdings aus mehreren Kommunen besteht, die unterschiedliche Regelungen haben, ist die Situation recht unübersichtlich. Das britische Verkehrsministerium erwägt aktuell aber eine landesweite Freigabe, wie die deutsche Fachzeitschrift «Tourenfahrer» berichtet. Die Vernehmlassung lief bis Ende Juni 2024.

Die IG Motorrad Schweiz kämpft weiter dafür, dass Motorräder und Roller die Busspuren mitbenutzen dürfen. Dafür gibt es viele gute Argumente. Vor allem geht es um die Sicherheit für motorisierte Zweiräder. Diese scheint bei einigen Kantonen nicht an oberster Stelle zu stehen. Wenn du unseren Kampf unterstützen möchtest, werde Mitglied!

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